Linke/BSG gegen Auslagerung von Flüchtlings- und Integrationspolitik

In seiner Sitzung vom 17.12.2015 beschloss der Rat gegen die Stimmen von Die Linke/BSG die Zweckbestimmung der Zuwanderungsagentur. Was soll das denn, werden sich manche fragen. Die Antwort ist nicht ganz so einfach: Im Oktober hatte der Rat mit unserer Zustimmung die Gründung einer sogenannten Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) auf den Weg gebracht. Eine AöR ist eine öffentlich-rechtliche Institution mit einer bestimmten Aufgabe, also in diesem Fall gewissermaßen eine "Tochter" des "Konzerns" Stadt Celle. Aufgabe sollte sein, im Auftrag des Landes Gebäude der ehemaligen Kaserne an der Hohen Wende für eine Flüchtlings-Erstaufnahmeeinrichtung herzurichten und dann im Auftrag des Landes zu betreiben (siehe Protokoll). In der dem Rat jetzt vorgelegten Satzung ist davon mit keinem Wort mehr die Rede; stattdessen soll die städtische "Zentrale Anlaufstelle für Flüchtlinge" (ZASt) künftig nicht mehr von der Stadt, sondern von dieser AöR betrieben werden.  Genau das will die Fraktion Die Linke/BSG nicht, denn über das AöR-Modell büßt der Rat einen Großteil seiner Kontroll- und Gestaltungsmöglichkeiten ein und der Öffentlichkeit geht viel Transparenz verloren, weil sich Ausgaben und Einnahmen künftig nicht mehr im Haushalt finden (was wohl auch ein Zweck dieser Konstruktion ist). Hier die Rede von Behiye Uca (Die Linke) zu diesem formal recht verzwickten Gegenstand:

"Der Rat hat am 14.10.2015 folgendes beschlossen:

„1) Der Rat ermächtigt die Verwaltung auf dem Gelände der ehemaligen britischen Kaserne Hohe Wende im Auftrag des Landes eine Erstaufnahme als Notunterkunft zu betreiben.

2) Der Rat ermächtigt die Verwaltung die Vorbereitungen dafür zu treffen ein Ausbildungs- und Qualifizierungsangebot für Flüchtlinge in Kooperation mit BA, VHS, DAA, BBS, IHK, HWK und anderen zu organisieren.

3) Der Rat beschließt, dass sich die Verwaltung für die Übernahme dieser Aufgaben einer noch zu gründenden – rechtlich und wirtschaftlich selbständigen – Betriebsform (Anstalt des öffentlichen Rechts oder GmbH) bedient.“


Jetzt sollen, wovon vorher nur am Rande die Rede war, der Zuwanderungsagentur zusätzlich „die Aufgaben der zentralen Anlaufstelle für Flüchtlinge, die Unterbringung von Flüchtlingen und deren Qualifizierung zugewiesen“ werden.

Zusätzlich? Da setze ich mal ein dickes Fragezeichen.

Denn was lesen wir in der Satzung unter „§ 2 Zweck der Anstalt“:  [Zitat]

„Zweck der Anstalt ist die Unterstützung der Stadt Celle im Bildungs- und Sozialwesen. Hierzu überträgt die Stadt Celle der Anstalt die Aufgabe, eine zentrale Anlaufstelle für Flüchtlinge zu betreiben, für die Unterbringung von Flüchtlingen (mit Ausnahme der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge) zu sorgen und das kommunale Bildungsangebot für Flüchtlinge auch im Hinblick auf eine Zusammenarbeit mit Bildungsträgern weiter zu entwickeln.“

Es gibt keinen einzigen Hinweis darauf, ... dass die Agentur im Auftrag des Landes eine Erstaufnahmeeinrichtung betreiben soll. Ja was denn nun?

Die Satzung gibt also einen völlig anderen Zweck vor, als wir im Oktober mit dem Ratsbeschluss wollten. Diese Satzung wurde dann vor sechs Tagen im Ratsinformationssystem eingestellt, und ohne eine einzige Beratung in einem öffentlichen Fachausschuss sollen wir jetzt anscheinend etwas  ziemlich anderes gründen als eine Agentur zum Betrieb einer Erstaufnahmeeinrichtung.

Wir fühlen uns veräppelt und werden dem selbstverständlich hier und heute nicht zustimmen.

Abgesehen von der formalen Seite wollen wir auch sachlich nicht, dass die Flüchtlings- und Integrationspolitik der Stadt Celle in eine Agentur ausgelagert wird. Wir wollen, dass der Rat in seinen Fachausschüssen diese Integrationspolitik begleitet. Genau das wird mit der Gründung der Agentur völlig in den Hintergrund gedrängt werden.

Und in einem Nebensatz der Vorlage wird ein Zweck genannt, der mit der Sache nichts zu tun hat. Es gehe darum, „den städtischen Kernhaushalt von den Folgen der Flüchtlingsentwicklung weitgehend frei zu halten.“ Auch das ist nicht unser Interesse. Der Haushalt ist der Kern des Ratsgeschäfts, sage ich mal. Darüber lassen sich Inhalte steuern. Wir sollten uns das nicht nehmen lassen. Und auch die Bürgerinnen und Bürger haben ein berechtigtes Interesse an Transparenz. Und auch die bekommen sie nur über den städtischen Haushalt.